Forscher prüft Insektenfalle auf einer Wiesenfläche

Nationalpark Kellerwald-Edersee

Artenvielfalt im Nationalpark von 8.500 auf rund 11.000 gestiegen

Genauere Methodik und Wissensfortschritt bei genetischen Untersuchung ermöglichen umfassendere Bestimmung

Bad Wildungen. Binnen kürzester Zeit ist die Vielfalt im Nationalpark Kellerwald-Edersee von 8.500 auf rund 11.000 Arten gewachsen. Dies teilt das Nationalparkamt anlässlich des bevorstehenden Internationalen Tags der biologischen Vielfalt am 22. Mai mit. „Wir haben zahlreiche Arten durch das Erweiterungsgebiet des Nationalparks nördlich und östlich des Edersees hinzubekommen“, sagt Nationalparkforscher Dr. Carsten Morkel. Doch dies sei nicht der alleinige Grund für den sprunghaften Anstieg. Der Wissensfortschritt im Hinblick auf die genetischen Untersuchungen und die damit verbundene ergänzende Methodik habe darüber hinaus eine umfassendere Bestimmung sehr vieler bislang nicht identifizierbarer Arten ermöglicht. „Bei den Fliegen und Hautflüglern hat sich die Vielfalt dadurch mehr als verdoppelt – von vormals rund 1.500 auf nun über 3.800 verschiedene Arten“, so Morkel. Verblüffend sei daran, dass die meisten Arten, anders als von Experten erwartet, nicht etwa im Offenland vorkommen würden, sondern in den dichten Buchenwäldern. „Vor allem auf dem Traddelkopf, der mit seinen 600 Metern höchste Punkt im Nationalpark, konnten wir eine Vielzahl an Arten nachweisen“, sagt Morkel. Die Vielfalt der natürlich vorkommenden Arten eines Ökosystems sei entscheidend dafür, wie stabil unsere Umwelt gegen äußere Einflüsse ist. Nicht alle Arten kommen zur gleicher Zeit und an gleichen Örtlichkeiten vor. Je nach Jahr oder Jahreszeit sowie Alters- oder Entwicklungsphase des Organismus werden ganz unterschiedliche Funktionen übernommen. Dies gilt für Pflanzen ebenso wie für Pilze und Tiere. Die Bandbreite der Funktionen des Waldökosystems ist groß und reiche von Sauerstoff- und Nährstoffproduktion über Feinstaubfilterung, Bodenbildung, Erosionsschutz und Wasserspeicherung bis hin zu Erholungsorten für uns Menschen. „Die bestehenden komplexen Zusammenhänge tragen in ihrer Gesamtheit über die Zeit dazu bei, das jeweilige Ökosystem und damit unsere gesamte Umwelt langfristig stabil zu halten“, so Morkel. „Konsequent zu Ende gedacht, bildet und stabilisiert unser Nationalpark somit eine lebenswerte Umwelt, auf die wir und unsere Nachkommen angewiesen sind.“

Hintergrund

Das ökologische Langzeit-Forschungsprojekt „Long-Term Ecological Research“ in Deutschland (LTER-D) beobachtet Ökosysteme. Ziel ist es, Daten zu Artenvielfalt und Bestandsentwicklung in typischen Lebensräumen zu sammeln. Die in Zeltfallen (Malaise-Fallen) gefangenen Insekten werden per DNS-Analyse identifiziert. Dabei wurden mehr Insekten festgestellt, als bisher bekannt waren. Das hat auch damit zu tun, dass viele Arten schwer unterschieden werden können und erst mit genetischen Untersuchungen identifiziert werden können oder schlicht keine Experten für deren Bestimmung verfügbar sind.

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