Forscher zeigt zwei Personen Insekten auf einem Gitternetz

Projekte & Publikationen

Durch zahlreiche Projekte zur wissenschaftlichen Forschung lernen wir Flora und Fauna im Nationalpark immer besser verstehen.
In vielen Publikationen wurden die Ergebnisse dokumentiert und stehen der Allgemeinheit zur Verfügung.

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Basis für die wissenschaftliche Arbeit im Nationalpark ist das im Nationalparkplan festgeschriebene Forschungskonzept.

Hier finden sich auch ein Überblick über bereits begonnene und langfristig angelegte Projekte z. B. zum Monitoring in den Bereichen Umwelt, Waldstruktur und Ökosysteme oder Tier- und Pflanzenarten.

Bei ihren Projekten arbeitet die Forschungsabteilung der Nationalparkverwaltung häufig innerhalb von bundesweiten Forschungsverbünden.

Ausgewählte Projekte

Im Frühjahr 2019 startete das Long Term Ecosytem Research Network Deutschland (LTER-D) ein deutschlandweites Projekt mit Zeltfallen zum Fang von fliegenden Insekten, den sogenannten Malaisefallen.
Ziel ist es, Daten zu Artenvielfalt und Bestandsentwicklung in typischen Lebensräumen in Deutschland zu sammeln.

Die Untersuchungen finden in Agrarlandschaften, naturnahen Wäldern, Auenwäldern und Auengrünland statt sowie in Sonderlebensräumen, die typisch für bestimmte LTER-Gebiete oder Schutzgebiete der Nationalen Naturlandschaften sind.

Etwa 30 Projektpartner beteiligen sich mit über 80 Fallenstandorten. Der Nationalpark Kellerwald-Edersee nimmt mit vier Fallenstandorten teil.

Die Fallen sind von April bis Oktober aktiv und werden in 14-tägigem Abstand geleert. Nach dem Ende der Fallensaison wird die Biomasse der Insekten zentral beim Senckenberg Forschungsinstitut in der Außenstelle Gelnhausen bestimmt. Die weitere Auswertung der Arten und ihrer Häufigkeiten erfolgt mit genetischen Methoden.

Im Jahr 2015 startete als gemeinsames Projekt der drei Nationalparke Kellerwald-Edersee, Hainich und Eifel ein methodisch standardisiertes Moos- und Flechtenmonitoring auf über 200 Probeflächen.

Hauptziel des Monitorings ist es, zu dokumentieren, wie sich Moose und Flechten in vom Menschen ungestörtem Wald entwickeln.
Im Mittelpunkt stehen Buchenwälder, daneben werden weitere Waldgesellschaften (z. B. Eichenwälder, Nadelwälder) sowie Sukzessionsflächen untersucht.

Folgende Fragen sollen unter anderem beantwortet werden:

  • Gibt es qualitative und quantitative Unterschiede der Moos- und Flechtenausstattung innerhalb der Probekreise, innerhalb der Baumarten und Baumaltersstufen sowie zwischen den drei Schutzgebieten?
  • Nimmt die Häufigkeit von Moos- und Flechtenarten, die an alte Bäume, alte Waldbestände oder Totholz gebunden sind, mittel- und langfristig zu?
  • Zeichnen sich Altwaldbestände durch sogenannte Altwaldzeiger aus?

Im Nationalpark Kellerwald-Edersee wurden in der ersten Projektphase 45 Probenflächen untersucht.

Der Begriff „Dark Taxa“ bezeichnet Arten, die wissenschaftlich bisher noch nicht dokumentiert sind.
Im Hinblick auf den aktuellen, dramatischen Insektenrückgang ist es von enormer Wichtigkeit, diese unbekannten Arten zu finden und zu bestimmen. Denn nur dann können sie auf ihre Rolle, ihren Nutzen in natürlichen und menschengemachten Ökosystemen und ihre mögliche Gefährdung hin evaluiert werden. Ohne diese Kenntnis können sie in Arbeiten im Bereich Biodiversitätsmonitoring, Naturschutz oder Ökologie nicht mit einbezogen werden.

Um eine funktionstüchtigen DNA-Barcode-Referenzbibliothek für Deutschlands Tiere, Pflanzen und Pilze zu erarbeiten, wurde 2011 das German Barcode of Life Project (GBOL) etabliert:
Ein Konsortium verschiedener Naturkundemuseen und Forschungsinstitute hat unter der Leitung des Zoologischen Forschungsmuseums Alexander Koenig in Bonn an dieser Erstellung gearbeitet. Die Erkenntnisse werden kommerziell und wissenschaftlich genutzt, um Arten über ihren genetischen Code bestimmen und nachweisen zu können.

Viele Insektengruppen wie Käfer, Schmetterlinge, Wildbienen, Wanzen oder Zikaden sind in der Datenbank bereits gut abgebildet und zuverlässig bestimmbar.

Weniger gut repräsentiert sind die Insektenordnungen der Hautflügler und Zweiflügler. Ihr Anteil an der tatsächlich gefundenen Gesamtdiversität in Umwelt- und Massenproben ist enorm, lässt sich jedoch meist mangels taxonomischer Expertise nicht auf Artniveau bestimmen oder gehört eben zu den „Dark Taxa“.

Das GBOL-III-Projekt soll genau diese Lücke schließen und mit Fliegen und Hautflüglern zwei der vielfältigsten und am wenigsten erforschten Gruppen untersuchen.

Im Nationalpark Kellerwald-Edersee wird an zehn Fallenstandorten nach „Dark Taxa“ gefahndet.

Prozessgeschütze Waldentwicklung findet auf über 90 Prozent der Fläche des Nationalparks Kellerwald-Edersee statt. Hier entwickelt sich die „Wildnis von morgen“ mit ihren hohen Anteilen an Alt- und Totholz.

Wissenschaftlich begleitet wird dies durch kontinuierliche Grundlagenforschung, die dazu dient, Ökosystemprozesse zu verstehen und vom Menschen nahezu unbeeinflusste, dynamische, natürliche Prozesse zu beobachten.

In mittlerweile acht mitteleuropäischen Waldgebieten in Deutschland, Italien und Österreich führt das Institut für Angewandte Entomologie, Beverungen, methodisch standardisierte, vergleichende Untersuchungen zu Vorkommen, Verbreitung und Ökologie von Rindenwanzen durch.
Sie sollen als Indikatoren den mittel- und langfristigen Entwicklungsstand der natürlichen Waldentwicklung in den untersuchten Gebieten dokumentieren.

Rindenwanzen sind eine hochspezialisierte, waldgebundene Insektengruppe, die sich von Pilzfruchtkörpern und -myzelien holzzersetzender Pilze ernährt und artspezifisch unterschiedliche Ansprüche an die Qualität ihrer Habitate stellt.

Der Nationalpark Kellerwald-Edersee, in dem das Projekt im Jahr 2012 initiiert und erprobt wurde, ist gegenwärtig das in diesem Kontext am besten untersuchte und vollflächig kartierte Schutzgebiet.

Mehr als 50 Jahre war die Wildkatze im Kellerwald verschwunden, erst 2007 gelangen die ersten Nachweise im Nationalpark. Die Chance, eine Wiederbesiedlung des Nationalparks Kellerwald-Edersee von Anfang an wissenschaftlich zu begleiten, wurde als Kooperationsprojekt mit dem Institut für Tierökologie und NaturbildungÖffnet sich in einem neuen Fenster ergriffen. Heute liegen für Deutschland einmalige Daten zur Rückkehr von Felis silvestris silvestris auf einer definierten Fläche und für einen Zeitraum von über 15 Jahren vor.

Das populationsökologische Monitoring im Nationalpark und seinem Umfeld basiert auf der Lockstock-Methode: mit Baldrian getränkte Stöcke ziehen die Wildkatzen an, sie reiben sich daran und hinterlassen dabei ihre Haare mitsamt Haarwurzeln. Dieses jährlich und systematisch gewonnene genetische Material wird im Forschungsinstitut SenckenbergÖffnet sich in einem neuen Fenster in Gelnhausen nach Art, Geschlecht und Individuum untersucht.

In den ersten sieben Jahren waren die Nachweiszahlen stetig, aber noch gering. Seit 2014 stiegen sie an, doch erst 2017 waren Lockstöcke in allen Teilgebieten des Nationalparks angenommen. Seit Beginn der Dokumentation bis heute konnten über 100 verschiedene Wildkatzen im Nationalpark nachgewiesen werden. Für die Mehrzahl der Wildkatzen verliert sich ihre Spur nach 2-3 Jahren, einige der Katzen konnten über 8-10 Jahre nachverfolgt werden.  

Durch die kontinuierlichen, jährlichen Untersuchungen ist es möglich, Lebenswege verschiedener Wildkatzen im Nationalpark nachzuzeichnen: Mindestdichten können ermittelt und darüber hinaus Ergebnisse zu Lebenserwartungen, Sterblichkeit, Ab- und Zuwanderungen und damit Einblicke in die regionale Populationsdynamik gewonnen werden.

Das vom Bundesamt für Naturschutz geförderte Projekt hat das Ziel, ein standardisiertes und wissenschaftlich fundiertes Monitoring der in den deutschen Nationalparken lebenden Wildtiere zu entwickeln. Im Nationalpark Kellerwald-Edersee stehen Dam- und Rotwild, Rehe, Wildschweine und Mufflons im Fokus.

Das ganzheitliche Monitoringsystem setzt sich aus vier Komponenten zusammen:

  • Population: Kamerafallen erfassen die Dichte, die räumliche Verteilung, das Geschlechterverhältnis und die Altersstruktur der Wildtierarten.
  • Vegetation: Das Verbissmonitoring erfasst den Einfluss der Wildtiere auf die Vegetation z. B. den Zuwachs an Gehölzen, die Verbissintensität und die Verbissmortalität.
  • Erlegungsparameter: Körpergewicht und Länge des rechten Hinterfußes geben Auskunft über die Konstitution und Kondition der erlegten Tiere.
  • Störungen durch Tourismus und Forstwirtschaft werden durch lokale Ranger, Revierförster und Jäger eingeschätzt.

Durch das Monitoring sind verlässliche Informationen über Größe und Zustand der Wildtierbestände in den Nationalparken verfügbar. Sind diese zu hoch, kann jagdlich eingegriffen werden, um Konflikte mit der Land- und Forstwirtschaft im Umland zu vermeiden oder den Schutzzweck des Nationalparks zu erhalten.

Wildtierkadaver sind ein Hotspot für die Artenvielfalt. In und an ihnen tummeln sich viele Organismen: von Bakterien über Pilze, Insekten, Säugetiere bis hin zu Vögeln.

Die Universität Würzburg als Projektträger realisiert seit Oktober 2022 gemeinsam mit 15 deutsche Nationalparken das vom Bundesamt für Naturschutz geförderte Projekt zur Erprobung der Wildtierkadaverbelassung in der Landschaft.

Ausgewählte Publikationen zur Forschung im Nationalpark Kellerwald-Edersee

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