Bad Wildungen. Was ist im Falle eines Brandes im Nationalpark Kellerwald- Edersee zu beachten? – mit dieser wichtigen Frage beschäftigten sich am gestrigen Dienstag Verantwortliche des Nationalparks sowie der zuständigen Leitstellen, Feuerwehren und Rettungskräfte während ihrer Besprechung zum geplanten Waldbrandkonzept im Nationalparkamt. Die Folgen des globalen Klimawandels sind aller Orten deutlich spürbar. Extreme Hitze- und Trockenheit, Starkregen und Stürme setzen Mensch und Landschaft heftig zu. Die Dürreperioden der vergangenen Jahre erhöhen auch die Waldbrandgefahr in der Kellerwaldregion. „Für den Fall eines Brandes im Nationalpark wollen wir im Schulterschluss mit allen Verantwortlichen gewappnet sein, präventiv den Ernstfall proben und gemeinsam sensible Infrastruktur sowie sensible Natur schützen. Deshalb sollen von Beginn an alle Beteiligten hinsichtlich des Waldbrandkonzepts mit einbezogen werden“, erklärte Nationalparkleiter Manuel Schweiger im Zuge der Besprechung im Nationalparkamt. „Im Nationalpark bewegen wir uns im Spannungsfeld zwischen Naturschutz und Brandschutz. Ich bin deshalb sehr froh, dass die Feuerwehren und der Rettungsdienst bei der Erstellung des Waldbrandkonzeptes frühzeitig mit eingebunden werden und die Besonderheiten dort kennenlernen. So ist in Zukunft eine effektive Brandbekämpfung und Rettung im Nationalpark gewährleistet“, ergänzte Kreisbrandinspektor Gerhard Biederbick. Die gestrige Besprechung bildet den Auftakt für einen stetigen Austausch, der dazu dienen soll, die Kooperationen zu festigen und die Kommunikation im Ernstfall zu erleichtern. Als Handlungsleitfaden für die Arbeit von Leitstellen, Feuerwehren und Rettungskräften soll so ein Waldbrandkonzept entstehen, das Grundsätze und relevante Kriterien für die Waldbrandprävention und -bekämpfung im einzigen hessischen Nationalpark festlegt. Bei der Brandbekämpfung im Nationalpark müssen hochrangige, internationale Schutzziele berücksichtigt werden. „Uns ist es wichtig, alle bereits geltenden rechtlichen Vorgaben und Regularien strikt einzuhalten, und im Falle eines Brandes Leib und Leben der Besucher und Nationalparkanwohner, Siedlungen, Straßen und Versorgungseinrichtungen sowie die einzigartigen Naturwerte zu schützen“, erklärte Achim Frede, Abteilungsleiter Naturschutz, Forschung und Planung. „Der besondere Status unseres Schutzgebiets mit seinem außergewöhnlich wertvollen UNESCO-Weltnaturerbe erfordert darüber hinaus die Beachtung besonderer Anforderungen und Vorsichtsmaßnahmen.“
Hintergrund:
In einem vitalen, naturnahen Buchenwald mit einem hohen Totholzanteil wie im Nationalpark Kellerwald-Edersee ist grundsätzlich von einer geringeren Brandgefahr auszugehen als zum Beispiel in nadelholzdominierten, trockeneren Beständen. In Laubwäldern ist liegendes Totholz als natürlicher, bodennaher Wasserspeicher anzusehen. Es gleicht sinnbildlich einem mit Wasser vollgesogenem Schwamm und ist somit schwer entzündbar. Es gibt ein paar Extremstandorte im Schutzgebiet – wie beispielsweise die Ederseesteilhänge, an denen die Sonneneinstrahlung im Sommer für hitzige Bodentemperaturen von bis zu 60 Grad Celsius sorgen kann. Dort herrscht allein wegen der klimatischen und standörtlichen Gegebenheiten in den Sommermonaten bei trockenem Feinreisig, Laub und Gras erhöhte Waldbrandgefahr. Für den überwiegenden Teil des Schutzgebiets gilt dies aufgrund der naturnahen Vegetation trotz der mit dem Klimawandel einhergehenden Dürreperioden zum derzeitigen Zeitpunkt allerdings nicht. Vielmehr ist der Mensch im Umgang mit der Natur der entscheidende Faktor bei der Waldbrandprävention. Jede Unachtsamkeit und verbotene Handlung kann mit Blick auf die Waldbrandgefahr folgenschwere Ereignisse nach sich ziehen. Deshalb ist Präventionsarbeit so wichtig: Besucherinnen und Besucher immer wieder an die im Wald geltenden Regeln zu erinnern – im Schutzgebiet nicht zu rauchen, kein Feuer zu machen und Glas nicht achtlos zu entsorgen.
Unter dem Leitmotto „Natur Natur sein lassen“ greift der Mensch in die natürlichen Prozesse im Schutzgebiet möglichst nicht ein. Dem gegenüber steht im Falle eines Brandes im Nationalpark der Schutz sensibler Infrastruktur und Natur, der menschliches Eingreifen erforderlich machen kann. Auch mit Blick auf das wertvolle UNESCO-Weltnaturerbe Buchenwälder, dessen Unversehrtheit es zu schützen gilt, ist das ein entscheidender Faktor. Damit erforderliche Löscharbeiten zur Brandbekämpfung so naturverträglich wie möglich erfolgen können, ist der enge Dialog zwischen den Einsatzkräften der Feuerwehren und den Verantwortlichen des Naturschutzes vor Ort entscheidend. Vorbereitend kommt dem Waldbrandkonzept, das alle Beteiligten schon im Vorfeld kennen und verinnerlichen sollten, eine elementare Bedeutung zu – als wichtiger Handlungsleitfaden für den Ernstfall, an dem sich alle Verantwortlichen orientieren können. Das Waldbrandkonzept wird durch die Karte der offiziellen Rettungspunkte und -wege im Nationalpark Kellerwald-Edersee sowie den gültigen Wegeplan und die Nationalparkverordnung ergänzt.