Pilze am Stammfuß einer Buche

Im Nationalpark hat die Natur Raum und Zeit für ungestörte Entfaltung.

Prozessschutz – das bedeutet ein Nicht-Eingreifen in die Natur und ist die wichtigste Vorgabe im Nationalpark: nicht steuern und handeln, sondern beobachten, lernen und staunen, wie Wildnis von morgen entsteht.

Lesedauer:3 Minuten

Ziele des Prozessschutzes

Die Nationalpark-VerordnungÖffnet sich in einem neuen Fenster schreibt vor, dass auf mindestens 75 Prozent der Fläche die natürlichen und naturnahen Ökosysteme mit ihren typischen Tier- und Pflanzengesellschaften, Gesteinen und Böden einer Entwicklung und Dynamik überlassen werden, die nur den natürlichen Umweltfaktoren unterworfen ist. Mittel- bis langfristig werden sogar rund 96 Prozent Prozessschutz angestrebt.

Mit dem Prinzip Natur Natur sein lassen werden im Nationalpark Kellerwald-Edersee verschiedene Ziele verfolgt:

  • natürliche Prozesse wieder herstellen und bewahren
  • die Regenationsfähigkeit des Gebiets verbessern
  • die natürliche Waldentwicklung unter sich verändernden Klimabedingungen erforschen
  • gefährdete Arten schützen

Die natürlichen Entwicklungsabläufe und Selbstregulierungskräfte sind das Maß aller Dinge.

Nationalpark-Plan, Band 2

Prozessschutz im Nationalpark Kellerwald-Edersee

Natürlich ablaufende Prozesse und freie Naturentwicklung prägen die Naturzone des Nationalparks, die über 90 Prozent der Gesamtfläche ausmacht. Davon profitieren viele Tier-, Pflanzen- und Pilzarten.

Sie sind in ihrem Lebenszyklus auf Alt- oder Totholz angewiesen, das sich in der Naturzone automatisch erhöht. Das schafft mehr Lebensraum für Arten der Zerfallsphase oder holzbewohnende Arten wie z. B. die stark gefährdeten Käfer Eremit und Veilchenblauer Wurzelhalsschnellkäfer.

Einige Flächen im Nationalpark sind bereits seit Jahrhunderten naturnah belassen, sodass hier über 30 sogenannte Urwaldreliktarten einen Lebensraum vorfinden und darin überdauern konnten.

Mit seiner umfangreichen, prozessgeschützten Naturzone erfüllt der Nationalpark die Kriterien für ein internationales Schutzgebiet der IUCN Kategorie II und trägt zu den Zielen der Nationalen und Hessischen Biodiversitätsstrategie bei. Im Teilgebiet „Kellerwald“ des UNESCO-Welterbes besteht strenger Prozessschutz ohne Wildtierregulierung.

Baumstamm mit Pilzen steht zwischen anderen Bäumen

Wie zeigt sich der Prozessschutz?

Beim Prozessschutz wird die natürliche Dynamik in Waldökosystemen zugelassen. Dazu zählen Wachstum, Konkurrenz zwischen Baumarten, natürliche Alterungs-, Zerfalls- und Verjüngungsprozesse. Windwurf, Eisbruch und Sonnenbrand, Pilz- und Borkenkäferbefall oder Wildtiereinflüsse sind ebenfalls typische Naturphänomene und gestalten die Strukturvielfalt des Waldes.

Auch das vielfältige Miteinander der Arten und Lebensgemeinschaften, Witterungsphänomene, der Wandel der Jahreszeiten und Bodenentwicklung sind Merkmale einer natürlichen Dynamik. Außerhalb des Waldes findet sie bei naturnahen Gewässern und Auen durch Überflutung, Ausspülung und Anlandung statt, bei Fels- und Trockenbiotopen durch Trockenheit, Erosion oder Steinschlag.

Im Nationalpark Kellerwald-Edersee respektiert der Mensch den ständigen Wandel und beobachtet oder begleitet ihn dokumentarisch, wissenschaftlich, didaktisch oder sinnlich. Frei von jeglicher menschlichen Steuerung wird so im Nationalpark Wildnis von morgen entstehen.

Schlagworte zum Thema